Mittwoch, 16. September 2015

Auf ein Wort... (1)



Es war im Januar 2002, als Sven Hannawald etwas gelang, was vor ihm noch niemandem glückte. Der Skispringer „besiegte den Mythos der Vierschanzentournee“, wie Kommentator Tom Bartels damals frohlockte. Alle vier Springen konnte Hannawald, teils mit Schanzenrekorden, für sich entscheiden, trug sich damit in die Geschichtsbücher ein und darf als „lebende Legende“ des Sports gelten. Denn alle, die nach ihm kamen, arbeiteten sich vergeblich daran ab, Hannawalds Erfolg zu egalisieren. Hinzu kommen unter anderem Olympia-Gold und –Silber 2002 in Salt Lake City, Erfolge bei Skiflug-Weltmeisterschaften und der Nordischen Ski-WM.

98,5% SC-Fan: Sven Hannawald. Quelle: privat
2002 wurde Hannawald unter anderem „Sportler des Jahres“. Es war ein Jahr, das ihn für immer in den Köpfen der Leute bleiben lässt, als großer und sympathischer Sportsmann. Seine anschließende Karriere und sein Privatleben waren freilich anschließend nicht frei von Rückschlägen – all das soll hier aber keine Rolle spielen, es ist auch für Sven Hannawald, mittlerweile 40 Jahre, lange aufgearbeitet und abgehakt. In München lebend geht er unter anderem seinen Leidenschaften Motorsport und Fußball nach, oft und regelmäßig aktiv. Und was ihn sonst noch so besonders macht: er ist begeisterter SC-Fan.

Auf ein Wort… mit Sven Hannawald.

Sven, was war für dich der einprägsamste Moment rund um den SC?
Es war in den 90er Jahren die grundsätzliche Stimmung im Stadion, das damals ja noch kleiner war als heute. Die Mannschaft spielte sich unter Volker Finke in den UEFA-Pokal. Im Dreisamstadion war einfach eine Atmosphäre, die mich mitgerissen hat. Ich kam als neutraler Zuschauer und ging völlig euphorisiert, weil mich diese Stimmung rund um den Verein damals sehr geprägt hat.
Was hat dich denn überhaupt zum SC verschlagen?
Eigentlich geographisch bedingt. Meine sportlichen Anfänge liegen in Furtwangen und Hinterzarten. Ich hab mich auch schon immer für Fußball interessiert, erinnere mich an große Spiele von Bayern München oder Manchester United, die ich live im Stadion gesehen habe…
…und wurdest dennoch SC-Fan?
Naja, man steht ja nicht morgens auf und denkt sich „Heute werde ich mal Fan vom SC“, die Umstände haben es halt gemacht. Ich hab da aber auch nie geschwankt in meinem Fan-Dasein. Trotz anderer großer Live-Erlebnisse oder obwohl ich aufgrund meiner Herkunft es mit Erzgebirge Aue halten sollte. Auf die schiele ich zwar immer mit einem Auge, aber zu 98,5% bin ich Fan des SC Freiburg.
Obwohl man es als Bayern-Fan sicher einfacher hätte – gerade wenn man, wie du jetzt, in München lebt.
Der SC hat aber auch extrem wenige negative Schwingungen und gilt bei sehr vielen Fußballfans als sympathischer Verein, wegen all der Sachen, für die der SC so steht. Deswegen bekomme ich auch ganz selten Hohn und Spott zu hören, eigentlich nie, wenn ich mich als SC-Fan zu erkennen gebe.
Wofür steht für dich der Verein?
Für etwas, was ich in meiner eigenen Karriere erlebt habe: es gibt Ups and Downs. Und dass man aufstehen muss, wenn man hingefallen ist und es immer wieder versucht. Das verbindet mich mit dem SC. Natürlich verliert man in der Bundesliga häufiger als der FC Bayern, aber ohne Niederlagen und Herausforderungen wird’s mir auch selbst schnell langweilig.
Gibt es auch etwas, was dich am SC nervt?
Mich nervt nichts. Ich ärgere mich über Niederlagen, ich habe mich auch über den unnötigen Abstieg geärgert. Aber ich trage sowas nicht lange mit mir rum. Ich war selbst zu lange Sportler, als das ich nicht nachvollziehen könnte, dass man auch mal einen schlechten Tag hat und mit dem linken Bein zuerst aufgestanden ist. Wenn dann in einer Mannschaft mal drei Spieler mit dem linken Bein zuerst aufgestanden sind, ist die Gefahr halt groß, dass man verliert. Also, ich bin da immer relativ entspannt.
Keiner, der sich von einer Niederlage das Wochenende versauen lässt?
Nein, ich hab großes Vertrauen in die Mannschaft und den Trainer, dass sie nach einer Niederlage die richtigen Schlüsse ziehen. Aber mir fällt noch was ein, was mich genervt hat…
Ja?
Das Hin und Her um den Neubau des Stadions hat mich sehr genervt. Aber da konnte der SC nicht immer was für. Die Notwendigkeit ist ja einfach gegeben und ich verstehe nicht, warum sich das so lange hinzog. Aber das kam ja Anfang des Jahres Gott sei Dank zu einem guten Ende. Nun bin ich sehr gespannt auf das neue Stadion. 

Sven Hannawald, mit besserer Hälfte und SC-Trikot in Wolfsburg. Quelle: privat

Wann hast du den SC denn das letzte Mal live im Stadion gesehen?
Das war das Pokalspiel letzte Saison in Wolfsburg, da war ich mit meiner Freundin. Ich schaffe es leider nicht sehr oft ins Stadion, wenn, dann ist es sehr spontan. Ich bin noch immer viel unterwegs und dann auch froh, wenn ich mal zu Hause bin. Aber ich versuche schon, die Spiele am TV zu verfolgen. Beim Spiel in Kaiserslautern hat es leider nicht geklappt, da musste ich auf Live-Ticker zurückgreifen.
Ich nehme an, du bist ein sehr entspannter Gucker?
Grundsätzlich schon, aber ich feiere Tore auch sehr ausgelassen, egal ob im Stadion oder vorm Live-Ticker.
Gibt’s bei dir an Spieltagen feste Abläufe? Bist du abergläubisch und hast du da deine Rituale?
Ich war schon als Aktiver früher nicht abergläubisch, deswegen gibt’s zu Hause auch keine festen Abläufe. Wenn ich im Stadion bin, wie letzte Saison in Wolfsburg, hab ich aber mein Trikot an. Wobei ich grad auch ein neues Trikot bestellt hab, das in der Post sein müsste…
Wie beurteilst du die aktuelle Lage beim SC?
Ich freue mich sehr über den bisherigen Weg. Die Zweite Liga ist auch für Absteiger nicht leicht, es gab viele Abgänge. Deswegen ging ich auch nie vom direkten Wiederaufstieg aus.
Hat sich das nach dem guten Saisonstart geändert?
Naja, ich habe immer von Wettkampf zu Wettkampf geschaut, ich würde dem SC raten, es genau so zu tun. Wenn sich das Verletzungspech in Grenzen hält, ist sicher einiges drin, warum nicht auch der Aufstieg? Aber ich wäre jetzt nicht enttäuscht, wenn es nicht klappt, weil ich glaube, dass eine Basis da ist, mit der man es dann im nächsten Jahr wieder versucht. Aber: der SC hat zwar eine junge Mannschaft, trotzdem noch genug Erfahrung, die sich im Laufe der Saison auszahlen kann. Man sieht, dass viele Aufstiegskandidaten wie Kaiserslautern oder Nürnberg noch nicht im Rhythmus sind. Auch Leipzig hat noch Probleme. Die werden sicher alle noch kommen, aber auch dann wird der SC mit Erfahrung aus der Bundesliga und auch einem großen Maß an Cleverness dagegenhalten können.
Wen aus der aktuellen Mannschaft schätzt du besonders?
Mir hat letztes Jahr schon Maximilian Philipp gut gefallen, an dem werden wir noch viel Freude haben. Auch Grifo gefällt mir, das ist ein echter Künstler. Und natürlich Nils Petersen: das ist ein geiler Typ. Dass er trotz des Abstiegs blieb, find ich sensationell. Ich bekomme richtig Gänsehaut, wenn ich darüber nachdenke.

Das wäre ein schöner Schlusspunkt, aber sechs schnelle Fragen hab ich noch.
Los geht’s!
Deine SC-Traumelf aller Zeiten?
Puh, das fällt mir so spontan schwer. Auf jeden Fall muss Golz ins Tor, wenn der damals da stand, fragtest du dich immer, wie da noch ein Ball ins Tor passen soll, weil der das einfach ausfüllte. Mich hat natürlich die Vili-Zeit unter Finke geprägt. Martin Spanring fand ich sehr gut, auch ein guter Typ. Und auch Johnny Schmid müsste da rein. Hat zwar eine merkwürdige Frisur gehabt, aber ich hab ihn immer gern gesehen.
Dein Trikot, welches grad in der Post ist, ist mit welchem Namen beflockt?
Mit gar keinem. Da bin ich neutral. Vielleicht bin ich auch aus dem Alter raus. Aber die ganzen „Petersen“-Trikots kann ich gut nachvollziehen.
Mal angenommen, du hast 20 Millionen zur Verfügung. Welchen Spieler würdest du nach Freiburg holen?
Warum sollte ich 20 Millionen ausgeben, wenn ich sie hätte? Spieler, die so teuer sind, bringen ja oft auch Unruhe rein und so ein Superstar würde kaum zum SC Freiburg passen. Ich sehe da eine Verbindung zur realen Transferpolitik in dieser Saison: hohe Transfereinnahmen, aber es war aus meiner Sicht richtig, das nicht wieder in hohem Maße zu reinvestieren. Also: wenn ich die 20 Millionen hätte, würde ich vielleicht 10 ausgeben und den Rest packe ich zur Seite.
Der beste Grund, SC-Fan zu sein?
Die allgemeine Vereinspolitik, die so unaufgeregt und sympathisch ist.
Finke, Dutt oder Streich?
Schwer. Sind ja drei verschiedene Charaktere. Pass(t)en alle super zum SC, waren oder sind aber auch alle in ihrer eigenen Welt. Streich ist bodenständig, das gefällt mir. Ich erinnere mich, dass nach einem Heimspiel Johnny Schmidt in seinen neuen Sportflitzer stieg und Streich mit dem Fahrrad nach Hause fuhr. Er imponiert mir mit seiner Art. Auch, weil er ein im positiven Sinne Fußballkranker ist.
Wenn Streich dich fragen würde, was würdest du ihm sagen?
Bleib so wie du bist, mein Junge!
Sven Hannawald, vielen Dank für das Gespräch!
(al)

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