Wenn Streich mich fragen würde, würde ich ihm Folgendes
sagen:
Gut gebrüllt, Löwe! Eine Woche ist es jetzt her, dass du
diese fulminante Pressekonferenz gegeben hast, in der du all das gesagt hast,
was Politiker schon längst hätten sagen sollen. Und auch wenn es eine Woche her
ist, werden deine klugen, klaren Worte niemals an Aktualität verlieren. Das
hast du richtig gut gemacht.
Und er würde sagen:
Danke. Ich wurde halt gefragt. Und ich bin auch nur ein
Mensch.
Und ich würde sagen:
Und zwar ein ziemlich Guter, wenn ich das mal so sagen darf.
Weißte, ich bin ja oft nicht mit dir einer Meinung, was das Sportliche angeht und
wahrscheinlich krieg ich beim nächsten Spiel wieder die Krise wegen deiner
Wechsel oder so. Und Gott weiß, ich hätte dich vor allem in der letzten Saison
dann und wann wachrütteln mögen. Aber alles in allem: ich bin froh, dass jemand
wie Du Trainer des SC ist. Ich bin froh, dass du über den Tellerrand blickst.
Und mit deinen Worten zur Flüchtlingsproblematik hast du mich so glücklich
gemacht, wie es kein Sieg jemals machen könnte. Ich bin wirklich stolz auf
diesen Verein!
Und er würde sagen:
Heulst du jetzt?
Und ich würde sagen:
MIR IST WAS INS AUGE GEFLOGEN OKAY?
Und er würde sagen:
Mmmh, sicher. Sicher!
Und ich würde sagen:
Jetzt haben wir in
dieser Rubrik aber ziemlich wenige Witzchen gemacht.
Und er würde sagen:
Gibt ja auch Wichtigeres.
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Aber er würde mich nicht fragen.
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Christian Streich am 17. September 2015, Pressekonferenz vor
dem Spiel gegen Bielefeld:
„Grundsätzlich finde
ich, dass von Ländern, die über die finanziellen Mittel verfügen- nicht nur
europäische Länder-, vor Ort humanitäre Hilfe geleistet werden müsste, damit so
viele Menschen wie möglich dort bleiben könnten, wo sie ihre Familie haben und
wo ihre tatsächliche Heimat ist – und wo die Verbindungen sind, die emotionalen
und die familiären Bindungen. Ich glaube, da sind entscheidende Fehler gemacht
worden in den letzten Monaten, weil es zur Seite geschoben wurde. Und dann sogar
noch Gelder reduziert wurden, von Ländern wie Deutschland oder anderen Ländern
in der Europäischen Union, aber auch von Katar oder Saudi-Arabien, also
Ländern, denen es wahrlich nicht an Geld mangelt. Ich glaube, das ist der
entscheidende Fehler gewesen.
Und jetzt geht es darum, dass man sich den Menschen
gegenüber öffnet, dass man sie empfängt und dass man Ängste abbaut – weil es
bei ganz vielen Dingen einfach um Angst geht. Es geht immer um Angst vor dem
Anderen, die Angst vor dem Fremden; das kann man bei sich selber ja beobachten.
(…) Ich war mal im Jemen mit der A-Jugend vom SC Freiburg. Gut, ich bin vorher
schon viel gereist, ich hab immer viel Interesse daran gehabt, ich fand das
Andere immer spannend und hab um die Ecken geschaut, überall hingegangen, in
die Hinterhöfe reingegangen. Mich hat es einfach interessiert. Ich wollte
wissen: was passiert da? Es geht einfach darum, andere Sachen zu sehen, andere
Denkweisen kennenzulernen. Es ist halt so, dass in anderen Kulturen anders
gedacht wird. Man kann sich das gar nicht vorstellen. Es wird anders
gesprochen, es gibt völlig andere Herangehensweisen an Dinge die man sich, weil
wir hier so sozialisiert sind, so gar nicht vorstellen kann.
Und jetzt geht es darum, sich da zu begegnen. Und kurzfristig
auf ein bisschen Wohlstand nicht zu verzichten, aber umzuverteilen, gewisse
Dinge von Menschen, die viel mehr haben, zu denen, die wenig haben. Und dann kommt
natürlich noch dazu, dass alle Leute in der Wirtschaft, die sich dezidiert
damit auseinandersetzen, sagen: wir brauchen Arbeitskräfte, wir brauchen
Fachkräfte. (…)
Ich meine: die Leute ankommen lassen, ihnen ein anständiges
Umfeld bieten, natürlich unbedingt sofort die Sprache lernen, verpflichtend,
außer Frage. Es gibt keine Alternative zur Sprache. Und dann: arbeiten lassen.
Wenn du junge Menschen nicht arbeiten lässt, ob das jemand ist aus Syrien oder
aus Deutschland… wenn man mich mit 30 Jahren nicht arbeiten gelassen hätte und
mich irgendwo eingesperrt hätte in ein Haus und ich mit ganz vielen anderen Menschen
zusammen gewohnt hätte – und ich hätte über Jahre nicht arbeiten dürfen: dann
wüsste ich nicht, was ich gemacht hätte. Ich will das nicht weiter ausführen.
Auf jeden Fall wäre der Aggressionspegel gestiegen, es wäre zu
Auseinandersetzungen gekommen. Und ich hätte mich geschämt, weil ich meinen
Kindern keinen Roller oder irgendwas besorgen könnte. Das ist beschämend für
dich dann als Mensch. Deshalb: arbeiten lassen, Programme entwickeln, alles dafür tun, dass man diese Menschen
integrieren kann. Weil, wir brauchen diese Menschen unbedingt. (…)
All die, die diese Ängste schüren, sind wahrscheinlich zu
80-90% Menschen, die eine Generation vorher, die zwei Generationen vorher oder
maximal drei Generationen vorher Flüchtlinge, Vertriebene waren, die aus
irgendwelchen Gegenden, aus Osteuropa oder anderen Gegenden, hierhergekommen
sind. Aufgrund von Krieg, aufgrund von Arbeitslosigkeit, aufgrund von Not. (…)
Irgendwoher sind die Leute gekommen und sind irgendwann an diesen Ort gekommen.
Man war nicht immer dort, wo man ist. Und ich glaube, da muss man die Menschen
aufklären: wir alle sind eigentlich irgendwann Flüchtlinge gewesen. Es ist
immer eine Bewegung von Menschen, es ist nie ein Stillstand. Das, was jetzt
passiert, war immer so.
Es war nach dem Ersten Weltkrieg so, es war nach dem Zweiten
Weltkrieg so. Es sind aus Bremerhaven 8 Millionen Menschen verschifft worden,
aus Hamburg 5 Millionen, nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Die hatten
nichts dabei. Die sind nach Amerika, Australien, Südamerika. So, dass muss man
den Menschen bewusst machen, dass wir eigentlich alle selber Menschen sind, die
irgendwann da gelandet sind und irgendwoher kamen, aus Hungersnot, aus
Kriegsnot. Und genau das passiert jetzt.
Genau das ist es.
Der Außenminister von England, mir fällt der Name grad nicht
ein, hat nach dem Ersten Weltkrieg gesagt, als vieles in Trümmern lag: Europa
wäre, sinngemäß, der verlorene Kontinent. Und er hätte größte Bedenken ob dort
in den nächsten Jahrzehnten überhaupt noch ein Leben lebenswert wäre. Er hat
Recht gehabt: es war nicht lebenswert, es kam dann der Zweite Weltkrieg. (…)
Europa war über Jahrzehnte ein verlorener Kontinent, mit Millionen Toten, mit
furchtbarsten Ereignissen. Das muss man sich bewusst machen, das ist noch nicht
so lange her. Jetzt ist es schwierig in Afrika, schwierig im Nahen Osten. Da
gibt es Gründe: dass sie dort viele Fehler gemacht haben, ein anderer Grund ist
natürlich, dass Europa über, man kann sagen, Jahrhunderte diese Kontinente
ausgebeutet hat.
Ich glaube, diese Aufklärung ist wichtig; dass es dargestellt
wird und dann ist vielleicht die Haltung eine andere. Aber ich bin sehr
glücklich, dass ich in Deutschland bin (…) und über vieles was in Deutschland
passiert, freu ich mich auch sehr. Weil doch irgendwas gelernt wurde. Andere
Dinge natürlich sind wieder schlimm, aber ein großer Teil der Menschen hat eine
große Solidarität und da bin ich sehr glücklich drüber.
Jetzt haben wir wenig über Fußball geredet. Aber es gibt
wichtigere Themen.“
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P.S.:
Auf Wiedersehen, Rudi! Und: Danke!
(al)
Auf Wiedersehen, Rudi! Und: Danke!
(al)
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