Wenn Streich mich fragen würde, würde ich ihm Folgendes sagen:
Hummel Hummel Mors Mors!
Und er würde sagen:
Du mich auch.
Und ich würde sagen:
Das sagt man in Hamburg so. Apropos Hamburg. Was war los?
Und er würde sagen:
Haben halt verloren.
Und ich würde sagen:
Ich hab auch was verloren: meine Fassung. Welche Mücke hat dich denn bitte
gestochen, dass du vor der 89. Minute nicht auswechselst, obwohl die Leistung
in der Zweiten Halbzeit so unterirdisch war? Und dann wechselst du zwei Mal
hintereinander, als Sankt Pauli zwei Mal in unserem Strafraum versammelt war.
Ich bin ja kein Trainer, nä…
Und er würde sagen:
Du sagst es.
Und ich würde sagen:
JAJA! Aber sowas bringt doch trotzdem die Ordnung durcheinander, das ist
doch insgesamt kontraproduktiv. Aber falls es dich beruhigt: an der Niederlage
trägst du nur eine kleine Schuld. Man darf als Auswärtsmannschaft ja vor Ende
der regulären Spielzeit wechseln, aber diese Regel ist noch so neu, das
konntest du nicht wissen. Mach dir keine Gedanken.
Und er würde sagen:
Ich schätze, ich hatte schonmal bessere Ideen.
Und ich würde sagen:
Nenn mir eine?
Und er würde sagen:
Ich hab immerhin die super Idee gehabt, schnell eine Grundformation zu
finden, so dass ich nicht permanent Umstellungen vornehmen muss.
Und ich würde sagen:
Zugegeben. Apropos Umstellungen: ich hab gestern auf Sankt Pauli ein paar
Huren umgestellt.
Und er würde sagen:
HAHAHAHAHAHAHAHAHAAAAAA! HUREN UMGESTELLT! DEN HAB ICH JA NOCH NIE GEHÖRT!
SPITZENWITZ! Not.
Und ich würde sagen:
Also, in meiner Selbsthilfegruppe kam der bombe an.
Und er würde sagen:
Ich hab übrigens gesehen, wie du auch applaudiert hast, als der Lienen ins
Stadion kam und in den Fanblock ging.
Und ich würde sagen:
War ich ja nicht der einzige Freiburger. Lienen ist total cool.
Und er würde sagen:
Du magst mich wohl nicht mehr? IST ES WEIL ICH ZU SPÄT GEWECHSELT HABE? Oh
mein Gott, ich kann mich ändern!?
Und ich würde sagen:
Ach, lass gut sein, Christian. Du bist auch cool. Christian? Lauf doch jetzt
nicht weg? Christian? Bleib doch mal stehen. Himmel! DU BIST DER COOLSTE
TRAINER DER LIGA! Hallo? CHRISTIAAAAAN?
Aber er würde mich nicht fragen.
(al)
Mittwoch, 28. Oktober 2015
Montag, 26. Oktober 2015
12. Spieltag - Verzettelt gegen Zettel-Ewald
12. Spieltag, Saison 2015/16 – Sonntag, 25.10.2015
FC Sankt Pauli – SC Freiburg 1:0 (0:0)
Schwolow – Mujdza, Höhn, Kempf, Günter – Abrashi (90.+2
Schuster), Höfler – Frantz, Grifo (90. Hufnagel) – Philipp (89. Kleindienst),
Petersen
1:0 Rzatkowski (90.+1)
Gelbe Karten: Höhn
(87.)
Schiedsrichter: Peter Sippel
Zuschauer: 29.546
Schiedsrichter: Peter Sippel
Zuschauer: 29.546
Magische Millerntor-Momente
Ach ja, so ein bisschen liebe ich diese zweite Liga ja schon. Zumindest für ein oder zwei Jahre. So kam es also dazu, dass ich den Auftritt unseres geliebten Sportclubs (wir sollten uns unbedingt auch so ein prägnantes Attribut wie "magisch" überlegen, das ist wirklich Gänsehaut pur - vielleicht "in seinem Wesen großer Sportclub"?) live am Millerntor verfolgte - und zwar auf der Gegengerade zusammen mit den Kumpels von meinem Freund, alles eingefleischte Sankt Pauli-Fans. Zwar wehrte sich mein immer noch etwas dröhnender Schädel, an dem der Vorabend auf der Reeperbahn nicht ganz spurlos vorüber gegangen war, zunächst etwas, als wir uns vor dem Stadion das erste Astra aufmachten, aber das war nur von kurzer Dauer. Auf der Gegengerade angekommen fiel mein Blick selbstverständlich zuerst auf den Gästeblock, und für einen kurzen Augenblick wurde ich etwas wehmütig und fühlte mich mit meinem rot-weißen Schal in Mitten der Piraten ein bisschen einsam und verloren.
Doch dann kam Ewald Lienen auf den Platz, das Stadion bebte, Christian Streich, der bereits auf der Gästebank Platz genommen hatte, stand auf und die beiden herzten und käbbelten sich, als ob sich die zwei besten Freunde nach Jahren endlich wiedersehen. Und ich stand mit einem meiner besten Freunde, den ich nach fast zwei Jahren endlich wieder gesehen habe, auf der Gegengerade und schaute zu. Da ging mir beim Anblick selbst das Herz auf. Und dann, auf einmal, ertönte aus den Stadionlautsprechern: "Tief im Süden, isch unser Platz..." Bei einem Auswärtsspiel! Einmalig. Magisches Sankt Pauli. Spätestens jetzt waren meine aus etlichen Gründen (die Vorreiterrolle beim Boykott der Blöd-Aktion war nur einer davon) ohnehin schon vorhandenen Sympathien für den FCSP veredelt. Natürlich fing ich an, mitzusingen und meinen Schal zu schwingen, bis mir wieder bewusst wurde, dass ich ja mitten unter den tatsächlichen Heimfans stand. Ich blieb trotzdem völlig unversehrt, um mich herum sah ich ausschließlich sympathische Menschen.
Anschließend kam es zu einer Aneinanderreihung von an diesem Nachmittag irgendwie nebensächlichen Ereignissen: Anpfiff - eine einigermaßen ordentliche erste Halbzeit - Hoffnung auf eine Steigerung des SC im zweiten Abschnitt, die dann aber von Sankt Pauli kam - eine Vorahnung, dass es heute maximal zu einem Punkt reichen würde - ein bisschen Verwunderung darüber, dass nicht gewechselt wurde - ein bisschen mehr Verwunderung darüber, dass direkt vor einer Standardsituation von Sankt Pauli in der letzten Minute doppelt gewechselt wurde - und schließlich wenig Verwunderung über eine Bierdusche, um mich herum ausflippende Menschen (die vor dem Spiel tatsächlich ihre Ängste geäußert hatten, vom Tabellenführer abgeschossen zu werden, was ich dann doch in Anbetracht unserer Auswärtsbilanz etwas befremdlich fand) und keine Verwunderung darüber, dass es nicht mal zu einem Punkt gereicht hat - Abpfiff.
Nach kurzem Schlucken (klar, so ein Gegentor in der Nachspielzeit ist im ersten Moment immer bitter!) wurde mir dann aber schnell bewusst, dass ich es keinem Verein mehr gönne, kurz vor Abpfiff gegen uns das Siegtor zu schießen, als dem FC Sankt Pauli. Nach Spielende ging es dann nochmal zum obligatorischen Kiezkaffekränzchen - natürlich gab es keinen Kaffee, sondern Astra - vor's Stadion, wo nochmal im Detail über das Spiel, vielmehr aber über die Besonderheit der beiden Vereine, die da heute gegeneinander gespielt hatten, geplauscht wurde. Diesen Plausch würde ich mit den Worten unseres Trainers zusammenfassen: Da haben heute zwei große Vereine gegeneinander gespielt - also kleine, aber große Vereine in ihrem Wesen. Mit zwei großen Trainern. Also in ihrem Wesen.
(Flori, Freiburg)
Am Millerntor Sonntag
Nachmittag um 20 nach 3, ob Du´n Pünktchen hast oder auch keins...
Der 12. Spieltag verschlug die Mannschaft des SC Freiburg
ins legendäre Millerntor-Stadion in Hamburg St. Pauli zum sechsten
Auswärtsspiel der Saison 2015/16.
Nachdem der ärgste Verfolger Bochum bereits zwei Tage zuvor
eine – dem Spielverlauf nach – überraschende 2:3-Pleite beim FSV Frankfurt
hinnehmen musste, schien nun alles angerichtet für den SC Freiburg, an einem
sonnigen Sonntag Nachmittag Ende Oktober, gegen die seit drei Partien sieglosen
Kiez-Kicker sein Punktekonto aufzustocken und das Verfolgerfeld weiter zu
distanzieren.
Wer nun angesichts dieser Vorzeichen eine interessante,
abwechslungsreiche Partie erwartete, in der die Freiburger deutlich machen würden,
warum sie als Tabellenführer der 2. Bundesliga mit der besten Offensive angereist
waren, sah sich bald getäuscht: Die Freiburger hatten die Partie zwar (wohlwollend
formuliert) in den ersten 45 Minuten im Griff und ließen St. Pauli nicht
gefährlich werden, brachten aber auch wenig eigene Torgefahr zu Stande, so dass
sich Fans und Statistiker nur an zwei
aussichtsreiche Aktionen von Grifo und Abrashi vor dem Tor von Robin Himmelmann
erinnern konnten.
Der Pausenstand von 0:0 hätte nach Schlusspfiff immerhin
einen Punkt für beide Mannschaften bedeutet. Und es schien so als ob dies den
Freiburgern reichen würde: Ball- und Spielkontrolle standen fortan auch nach
Wiederanpfiff im Mittelpunkt ihrer Anstrengungen, zielstrebige Angriffe aufs
gegnerische Tor hatten hingegen weiterhin Seltenheitswert, Torchancen ebenso –
wenn man von dem Zweikampf des St. Paulianers Hornschuh mit dem Freiburger
Philipp in der 58. Minute absieht, den Schiedsrichter Sippel nicht mit einem
Elfmeter für den Freiburger beschied.
Während sich die einen noch ärgerten ob des ausgebliebenen
Elfmeter-Pfiffs (hier: SC-Trainer Streich),
nahmen die anderen die Szene zum Anlass, noch mal ein wenig mehr in den
letzten 30 Minuten der Partie zu investieren (hier: Mannschaft und Trainer des
FC St. Pauli), um vielleicht doch noch ein Tor zu erzielen und mehr als nur
einen Punkt verbuchen zu können.
Und so kam es, wie es kommen musste: die Freiburger
versuchten das 0:0 nach Hause zu schaukeln und ließen die Paulianer mehr und
mehr ins Spiel kommen; diese wiederum steigerten sich von Minute zu Minute und
ließen bereits um die 70. Minute vielversprechende Torgelegenheiten ungenutzt,
um dann in der 91. Minute mit dem Siegtreffer zum 0:1 aus Freiburger Sicht zuzuschlagen.
Resümee: Aufgrund des offensiv harm- und emotionslosen
Auftritts der Freiburger wäre bestenfalls ein Punkt zu holen gewesen. Fehlende
Konzentration und mangelhaftes Defensivverhalten in der Schlussphase machten
auch diesen zunichte. Der SC verschenkte wie schon im Auswärtsspiel beim Karlsruher SC in der Nachspielzeit Punkte und
blieb zum ersten Mal in dieser Saison ohne eigenen Torerfolg.
Positiver lässt sich das Spiel bewerten, wenn man es in
Anlehnung an Hans Albers‘ berühmten Schlager über St. Pauli mit diesen Worten
ausdrückt:
Am Millerntor Sonntag
Nachmittag um 20 nach 3, ob Du´n Pünktchen hast oder auch keins... bleibst Du auf Platz 1!
(Christoph, Hannover)
(Christoph, Hannover)
Und das Plakat zum Spiel:
Wer weitere Filmplakate sehen möchte: auf der Facebook-Seite "SC Freiburg Filmcover" gibt es sie alle zu bestaunen.
Montag, 19. Oktober 2015
11. Spieltag - Verknallt in Vincenzo
11. Spieltag,
Saison 2015/16 – Sonntag, 18.10.2015
SC Freiburg – SpVgg Greuther Fürth 5:2 (1:0)
SC Freiburg – SpVgg Greuther Fürth 5:2 (1:0)
Schwolow – Frantz, Höhn, Kempf, Günter – Abrashi, Höfler
(81. Schuster) – Hufnagel (81. Hedenstad), Grifo – Philipp, Petersen (76.
Kleindienst)
1:0 Höhn (45.), 2:0 Philipp (55.), 3:0 Grifo (60.), 4:0
Grifo (61.), 4:1 Freis (66.), 5:1 Petersen (74.), 5:2 Berisha (88.)
Schiedsrichter: Frank
Willenborg
Zuschauer: 22.400
Zuschauer: 22.400
Fürth-Trainer Stefan Ruthenbeck wollte ein „seltsames Spiel“
gesehen haben. Sein Freiburger Gegenüber sah das nicht grundsätzlich anders.
Auch Christian Streich verwies darauf, dass Fürth „in den ersten 15,20 Minuten
besser“ war. Freiburg hat sich in dieses Spiel „hineingearbeitet“, fast ebenso wie der SC-Übungsleiter, der trotz
zeitweise komfortabler Führung nie entspannt wirkte und seine Jungs unermüdlich
dirigierte und nach vorne peitschte.
Nach besagter Zeitspanne kam dann das SC-Spiel ins Rollen.
Hufnagel, der wieder in die erste Elf rotierte, gab zwar schon nach 8 Minuten
einen zaghaften Schuss aufs Tor des Ex-Freiburgers Mielitz ab – und das war
immerhin schon mehr als die gesamte Mannschaft zwei Wochen zuvor in Karlsruhe
an Torschüssen zu Stande brachte -, jedoch hatte man sichtlich Mühe, Lücken zu
finden gegen einen Gegner, der sehr darum bemüht war, seinerseits spielerische
Lösungen zu finden.
Der Grund, warum der SC sich dann doch mehr und mehr
hineinfüchselte ins Spiel, lag zum einen darin begründet, dass es Streich
offenbar gelang, den Seinen mit auf den Weg zu geben, die Fürther Spielmacher
Hofmann und Gjasula aus dem Spiel zu nehmen, so dass Zulj oft allein auf weiter
Flur stand und der nächste Ex-Freiburger, Sebastian Freis, zu Fürths aktivstem
Spieler avancierte.
Der andere Grund ist deutsch-italienischer Herkunft und
trägt den schönen Namen Vincenzo Grifo. Der 22jährige zog alle Blicke auf sich,
weil er schalten und walten durfte, wie es ihm beliebte. An eigentlich jeder
gefährlichen Offensiv-Aktion war er beteiligt, die gefühlt 112 Ecken und
Freistöße schlug er außerdem. Nicht nur mit viel Variantenreichtum, sondern
auch mit Präzision und Virtuosität.
Vincenzo Grifo: Attraktion der Liga |
Ein Grifo-Standard sorgte auch für das 1:0. Kempf
verlängerte die Reingabe sehenswert mit dem Kopf auf Höhn, der mit dem Pausenpfiff
die bis dahin längst verdiente Führung für den SC Freiburg erzielte.
Als in der zweiten Hälfte die Fürther mit zwei guten Chancen
reüssieren konnten, war im Konter Maximilian Philipp zur Stelle. Das
Umschaltspiel: eine Waffe des SC in dieser Saison. Gleichwohl hatte Philipp
Glück, dass sein Schuss unhaltbar abgefälscht wurde. Und Grifo? Der wirbelte
noch immer. Und wie. Grifo spielte Fürth schwindelig.
Dem nächsten Freistoß aus fast 30 Metern nahm er sich dann
auch wieder an und voßlerte ihn rein. Das 4:0 markierte er nur einen
Wimpernschlag später, nahm vorher aber unerlaubterweise ein anderes Körperteil
zu Hilfe. Da das an diesem Wochenende aber auch in anderen Stadien übersehen
wurde, trieb es das altehrwürdige Schwarzwaldstadion zu ekstatischem Jubel.
Ein Jubel, von dem sich sky-Kommentator Sven Haist anstecken
ließ: „Der Breisgau verliebt sich grad in Vincenzo Grifo“, für den Kollegen von
Sport1 ist Grifo „die neue Attraktion in Liga Zwei“. In jedem Fall ist er
Spielgestalter, Antreiber, Taktgeber und Publikumsliebling in einer Person. Und
für das Spiel des SC nahezu unverzichtbar.
Dennoch: es war auch gestern nicht alles Gold, was glänzte.
Streich monierte zu Recht, dass Fürth zu zwei Treffern kam, „viel zu einfach“, wie
er es auf der Abschluss-PK formulierte. Überhaupt, diese Gegentore: nur vier
Mannschaften in der Liga ließen mehr zu als der neue Spitzenreiter. 14
Gegentreffer sind in 11 Spielen, da beißt die Maus keinen Faden ab, einfach zu
viel. Wenn man statistisch gesehen in jeder Partie mindestens einen Treffer
kassiert, muss man mindestens schonmal zwei Dinger selbst machen, um gewinnen
zu können. Einfache Schlussfolgerung.
Die wird Christian Streich selbst gezogen haben – und er
wird daran arbeiten. Ebenso wie in der Länderspielpause an anderen Stellen
sichtbar gearbeitet wurde. Die Mannschaft darf sich auf die Schulter klopfen
lassen für eine erneut unterm Strich gute Leistung. Und natürlich auch für die
Tabellenführung, die schon jetzt recht komfortabel erscheint. Will man aber
auch am Ende ganz oben stehen, wird man weiter hart arbeiten und sich in jedes
einzelne Spiel hineinfighten müssen.
Auch angesichts der mentalen Stärke von Grifo & Co.
werden die Zweifel, dass das tatsächlich gelingen kann, immer geringer.
(al)
(al)
Und das Filmplakat zum Spiel gibt's natürlich auch noch, verbunden mit nachträglich herzlichsten Glückwünschen zu Mike Frantz' Geburtstag:
Montag, 5. Oktober 2015
10. Spieltag - Ein Derby ohne Fieber
10. Spieltag,
Saison 2015/16 – Sonntag, 04.10.2015
Karlsruher SC – SC Freiburg 1:1 (0:0)
Karlsruher SC – SC Freiburg 1:1 (0:0)
Schwolow – Mujdza, Höhn, Kempf, Günter (46. Grifo) –
Abrashi, Höfler – Frantz, Philipp (71. Hufnagel) – Guédé (60. Kleindienst),
Petersen
0:1 Petersen (90.), 1:1 Manzon (90.+1)
Gelbe Karten: Kempf
(17.), Frantz (38.), Mujdza (85.)
Schiedsrichter: Wolfgang Stark
Zuschauer: 25.297
Schiedsrichter: Wolfgang Stark
Zuschauer: 25.297
Es dauerte fast 90 verkrampfte Derby-Minuten, bis Nils
Petersen den Ball nach einer Grifo-Ecke in die Maschen mogelte. Viel hätte also
nicht gefehlt und der SC wäre zum ersten Mal in dieser Saison ohne Tor in einem
Pflichtspiel geblieben.
Allerdings hätte auch nicht viel zum vierten Auswärtssieg
gefehlt. Petersens neuntes Saisontor reichte indes nicht. Und, so viel Ehrlichkeit
muss sein: es wäre ohnehin kaum gerecht gewesen. Nichtmal unter der ziemlich
schlappen Berücksichtigung, dass Ergebnisse nicht lügen und wenn man halt ein
Tor mehr schießt als der Gegner und überhaupt und so weiter.
Aber so kam der KSC durch den kurz zuvor eingewechselten
Manzon zum 1:1 Ausgleich, gewissermaßen mit dem Schlusspfiff. Ein Schlusspunkt
unter ein streckenweise erschreckend blutleeres Derby. Ein Derby, in dem die
Gastgeber aus Karlsruhe defensiv kompakt standen, offensiv vor allem nach
Standards oder durch Nazarov gefährlich wurden. Und der SC? Der konnte sich bis
Minute 90 bei Keeper Schwolow bedanken, der mit drei, vier sehenswerten Aktionen
und einer grundlegenden Souveränität das Spiel offen hielt. Nach vorne lief:
nichts. Schwolows Pendant wurde kein einziges Mal geprüft, er musste kein einziges
Mal zupacken. Nur eben dann doch einmal hinter sich greifen: Petersen.
Der SC Freiburg agierte planlos, leidenschaftslos, mutlos. Der
Derby-Auftritt inklusive Last-Minute-Gegentor erinnerte fatal an so manches
Spiel in der zurückliegenden Abstiegs-Saison. Nicht eine gefährliche
Offensiv-Aktion aus dem Spiel heraus, kaum eine gelungene Einzelleistung der
Kreativen um Grifo & Co., zu viele Fehlpässe, zu viele falsche Entscheidungen.
Mit einem Punkt nach so einem Spiel muss man also, unterm Strich,
sehr zufrieden sein. Mit einem 0:0 wäre das sicher auch ausnahmslos jeder
gewesen. Aber mit einem 1:1? Nunja. Man war bis Minute 90 sehr weit weg, dann
plötzlich sehr nah dran am Sieg. Und wenige Augenblicke später: Ernüchterung.
So, wie es letztlich gelaufen ist, dieses Derby, ist es sicher unbefriedigend
für den SC.
Wer dachte, der SC würde in Spitzenspiel-Manier nun weiter
von Erfolg zu Erfolg eilen, gar den Vorsprung zu den Verfolger-Plätzen ausbauen
können, der sah sich nach dem Spiel in Karlsruhe schnell wieder auf dem Boden
der Tatsachen. Der SC ist, so scheint es, tatsächlich noch nicht so weit. Eben
genauso, wie es Trainer Christian Streich in den letzten Wochen immer wieder
gebetsmühlenartig wiederholte.
Diese junge und in großen Teilen neu formierte SC-Mannschaft
macht eine Entwicklung durch. Zu einer gesunden Entwicklung gehören Rückschläge
und schwächere Spiele. Auch wenn das Derby-Ergebnis und auch die Art und Weise des
SC-Spiels frustriert: es ist noch immer eine ausgesprochen positive Bilanz, die
der SC vorzuweisen hat. Streich und sein Team haben die richtigen Maßnahmen
ergriffen, der Kader ist stark genug, um in der Zweiten Liga zu überzeugen. Das
haben die letzten Wochen gezeigt. Deshalb wird man sich nicht von so einem
Spiel zurückwerfen lassen.
Es sind jetzt ein paar Tage Zeit, um bis zum nächsten Spiel
gegen Fürth das Derby aufzuarbeiten und sich darauf einzustimmen, es besser
machen zu wollen. Es braucht dazu die Überzeugung, dass das Positive überwiegt
und dass man bisher sehr sehr viel richtig gemacht hat. Viel mehr, als so
manche Zweifler und Kritiker vor 10 Spieltagen voraussagten.
Einen Weg, den man aus Überzeugung eingeschlagen hat, wird
man nicht verlassen, nur weil die Schritte mal zwischendurch kleiner und die
Beine müder werden. Und jeder Weg verläuft nicht nur gerade, sondern auch hier
und da kurvenreich. Kurven sind wichtig, weil man sieht, wie der Weg dahinter
weiter verläuft. Gehen wir weiter den Weg mit, mit dieser Mannschaft. Sie hat
es verdient.
(al)
(al)
Quelle: nordtribuene.org |