Freitag, 21. August 2015

Vom Testen und Warten

Sommerpause. Man könnte mal wieder ein gutes Buch lesen, dieses eine Album hören, das man schon Monate rumliegen hat, man könnte Verwandte besuchen, mit Freunden abends auf ein Bier. Das macht man zwei Wochen lang, lenkt sich mit Frauen- und U19-Turnieren ab. Und dann merkt man: es ist alles sinnlos, wenn der SC nicht spielt. Und so fiebert man in den Wochen vor Saisonstart schon auf Testspiele hin, schaut mehrfach am Tag, ob ein neuer Spieler dazu kam, erwartet sehnsüchtig den Spielplan und rechnet schonmal hoch, wieviele Punkte am Ende für dne Aufstieg reichen könnten.

Es ist eine Zeit des Hoffens und des Wartens. Während Verena schonmal vorausblickt, was uns so erwarten könnte, berichtet Tobi von Testspielen im altehrwürdigen „Mösle“ und in Kehl. (al)

„Marcony Pimentel- geiler Name!“

Testspiele sind andere Fussballspiele – während ich im Stadion am liebsten meine Ruhe hab und zum Leidwesen meiner Freundin nicht gerade der gesprächigste bin (vom gelegentlichen Motzanfall mal abgesehen: „Meeeeensch, links ist alles auf!!...Da musst du stabiler bleiben...hau doch mal das Ding AUF das Tor, wer nicht aufs Tor schießt, kann nicht treffen (wusste schon Beckenbauer)...immer diese gechipte Scheiße!“) sind Testspiele pure Entspannung.

Das Spiel an sich ist nicht sonderlich wichtig, präziser das Ergebnis. Immer im Hinterkopf behalten: das ist nur ein Testspiel – Ablenkung vom Trainingsalltag, nichts überinterpretieren...
Da hat man als Zuschauer dann auch mal Zeit, sich etwas umzusehen; während ich im Dreisamstadion den Hinweis: „Schau mal, da ist der Jogi auf der Tribüne“ nur mit „Na und, interessiert mich nicht. Bin hier zum Fussballschauen“ quittiere, sieht das bei einem Freundschaftskick schon entspannter aus.

So auch am 25.06.2015 in Kehl; kurz nach Anpfiff bekomme ich von links neben mir zugeraunt: „Na schau an, das ist doch Johnny, oder?“ Und tatsächlich, da läuft er direkt an mir vorbei, Johnny mit Freundin, Nachwuchs und seiner drei Mann starken Straßbourger Entourage.
Jetzt verwundert das nur auf den ersten Blick, von Straßbourg nach Kehl ist es ein Katzensprung und dass Johnny gerne auch mal ´nen Amateurplatz besucht, ist bekannt. Auch der OFV durfte sich sicherlich schon über den ein oder anderen Besuch unserer ehemaligen Nummer 17 freuen.
Da kommt es mir: ehemalig.
Johnny ist ja weg, war einer der Ersten, die uns verlassen haben. Ein Wechsel, den man durchaus nachvollziehen kann; er war/ist bereit für den nächsten Schritt und da der Junge seit jeher schon täglich aus Straßbourg nach Freiburg pendelte (schon zu A-Jugend-Zeiten) darf der Wechsel ins nahe Ausland nicht verwundern. So viele Vereine spielen nicht in der ersten Liga, deren Spiel und Trainingsstätte in annehmbarer (Tages-)Entfernung zu Straßbourg liegen. Dazu kommt, dass es (völlig nüchtern betrachtet) einen Bundesligaprofi schlechter treffen kann, als in Hoffenheim zu spielen. Guter Trainer, junge Mannschaft mit viel Talent und finanziell wird man sich sicherlich auch einigen können.

In der Zwischenzeit ist Johnny an mir vorbei, seinen Nachwuchs auf dem Arm – vielfaches Murmeln à la „Da schau an, de Schmid/de Johnny ist auch da“ begleitet ihn, aber er ist noch nicht von Autogrammjägern umstellt. Gemütlich lassen er und seine Begleiter sich hinter dem Tor links von mir im Halbschatten nieder...ach ja, mittlerweile stehts ja 0:1..die Kehler sind in Führung gegangen, Fehler auf der rechten Abwehrseite des SC, Schwolow im 1 gegen 1 ohne allzu großes Risiko zu gehen ausgetanzt, drin das Ding; die Kehler Fans um mich herum freut‘s, die 'Testspielbruddler' weniger.

Zurück zu Johnny, mittlerweile hat sich der erste getraut und ihn um ein Autogramm gebeten..besser gesagt ein Selfie; schnell durch die Haare fahren, Frisur sitzt (wenn man das Ding auf Johnnys Kopf als solche bezeichnen kann): es kann losgehen....Natürlich bleibt es nicht bei einem Selfie/Autogrammwunsch;
Johnny hat offensichtlich nichts von seiner Beliebtheit verloren – dieser stets schüchtern, aber eben auch extrem symphatisch wirkende junge Mann kann sogar vom Absteiger SC Freiburg zur TSG wechseln und ist trotzdem für viele noch 'einer von uns'...das kann auch anders laufen – frag nach bei Olli Baumann.

Mittlerweile – kurz vor der Halbzeit, hat der agile Philipp den Ausgleich markiert. Überhaupt, 'Milli' und Neuzugang Vicenzo Grifo (kam quasi für Johnny aus Hoffenheim) scheinen sich gut zu verstehen. Ein ganz ordentlicher Kick in Halbzeit Eins – wie gesagt, bei der Bewertung muss der Kontext stimmen. Daher präziser: dafür, dass die Jungs ein paar Tage Training hatten, die halbe Mannschaft neu ist und die andere Hälfte noch im Urlaub – ganz ordentlich was hier so ablief.

Halbzeit-Pfiff, und einer der für den Post-Finke-SC steht wie kaum ein zweiter sieht seinen alten Teamgefährten hinterm Tor. Ungläubige Handzeichen wechseln zwischen Schuster und Schmid; Schuster scheint zu sagen: „Junge, was willst du denn hier; schon Heimweh?“ Johnny scheint zu antworten: „Was ich hier mache? Ich schau mal, ob ihr auch ohne mich kicken könnt...“ Schuster verschwindet mit breitem Grinsen in der Kabine. Was auch immer unser Captain mit seinen etwas kryptischen Aussagen bezüglich der Gründe für den Abstieg meinte: mit Johnny scheint es keine Probleme gegeben zu haben.

Halbzeit heißt für mich/uns: Platz wechseln. Begründung: Ein Kumpel meinerseits, übrigens Anhänger der Blau-Weißen aus Nordbaden (nein, nicht die TSG) meint: „Die Kehler waren bis gestern auch noch im Urlaub, hab gelesen, der Trainer ist sogar noch weg...die brechen eh ein in Halbzeit zwei, lass uns zum anderen Tor wechseln, da passiert sicherlich mehr.“
Gesagt getan, einmal um den Platz gewandert und im „Auswärtsblock“ des Kehler Stadions in den Schatten gesetzt. Umgeschaut, wer noch so da rumhockt...das ist doch...yep, das isser: Klemens Hartenbach, vertieft im Gespräch mit einem jungen Mann, eindeutig Schweizer Akzent...etwa ein potenzieller Neuzugang? Mal genauer betrachten...nee, zu alt. Vielleicht ja ein Spielerberater...mal unauffällig lauschen...
Schnell wird klar, Hartenbach unterhält sich mit einem Schweizer Scout, um einen konkreten Spieler geht’s nicht, eher um einen Professor, der auf neumodische Art Daten zum Spiel liefern kann...so oder so ähnlich.

Grundsätzlich scheint der Hartenbach ein angenehmer Gesprächspartner zu sein; zumindest unterhält man sich auch nach Wiederanpfiff noch gute zwanzig Minuten...auf dem Platz passiert derweil nicht mehr allzu viel – zumindest bekomme ich nicht allzu viel mit. Was ich mitbekomme ist aber, dass Hartenbach sichtlich zufrieden aussieht. Überhaupt: auch Fritz Keller, der einem beim Eingang über den Weg lief, sah ziemlich entspannt aus...da scheint was im Busch zu sein. Auf tm.de wurde die Tage fleißig diskutiert über potenzielle Neuzugänge...schamlos wird um Nils P. aus B. geworben...der Verstand sagt einem aber, dass das nicht machbar ist – so verlockend manch Angebot auch zu sein scheint.
Aber trotzdem: der Hartenbach sieht so aus, als ob sein Job fürs erste getan wäre, erfolgreich; da muss was kommen die Tage...

Marcony Pimentel - Quelle: scfreiburg.com
In der Zwischenzeit ist das Spiel beendet, Hartenbach und sein Schweizer Gesprächspartner haben sich schon eine Weile verabschiedet und sind von dannen gezogen. Auf dem Platz konnten sich die jungen Wilden des SC teilweise auszeichnen; die Nummer 7 und die Nummer 5 (Pius Dorn und Marcony Pimentel – geiler Name!) sind mir aufgefallen, ob ihres 'scholl-esken' Auftretens. Dazu muss man wissen: Mehmet Scholl? Bester, ever! Klein, wuselig, technisch stark – I like it!
Ach ja, das Spiel ging 4:1 aus; die jungen Wilden schießen in der zweiten Hälfte drei Tore (Dorn, 61. Minute; Schleusener 71. Minute; Brünker 87. Minute) gegen sichtlich nachlassende Kehler.
(Tobi)

„Schenk ihnen gleich mal 3 ein!“

Seit dem bitteren Spiel in Hannover ist eine ganze Menge Wasser die Dreisam heruntergeflossen. Der Kader wurde neu zusammengestellt. Die alte Dauerkarte hat ihren Stammplatz im Portemonnaie an die neue verloren. So langsam befassen wir Fans uns auch mit den kommenden Gegnern. An wem könnten wir uns die Zähne ausbeißen? Gegen wen müssen definitiv 2 x 3 Punkte her?

Die DFL „schenkt“ uns zum Saisonauftakt ein Heimspiel an einem Montagabend (der Anstoß ist arbeitnehmerfreundlich auf 20:15 Uhr gelegt worden) gegen Nürnberg. Ein Verein, der uns in der 1. Liga gut liegt. In den letzten zehn Spielen sind wir ungeschlagen. Zu Buche stehen 7 Siege und 3 Unentschieden bei einem Torverhältnis von 20:9. Vor allem das letzte Heimspiel wird vielen Fans auf Grund der Unruhen rund um das Spiel und dem kuriosen Abgang von Gertjan Verbeek, der anschließend nicht zur Pressekonferenz erschienen ist, in Erinnerung sein.

Doch der Club in der 2. Liga hat für uns eine ganz andere Färbung. Etwa sowas, wie ein Angstgegner? In den bisherigen acht Zweitliga-Begegnungen konnten wir keinen einzigen Punkt holen. Die letzte Niederlage stammt folglich aus der Zweitliga-Saison 2008 /2009. Genauer gesagt vom Montag, dem 23. März 2009. Nürnberg gewann in Freiburg durch ein Tor von Dario Vidosic in der 83. Minute mit 1:0. Einziger SC-Akteur von damals, der heute noch in unserem Kader ist, ist Julian Schuster. In allen Spielen gelangen uns gerade einmal vier Tore, fünf Mal verloren wir zu null. Den letzten Treffer gegen Nürnberg in einer Zweitliga-Partie erzielte übrigens ein gewisser Mehdi Ben Slimane am 2. Spieltag der Saison 1997/98. Für die jüngeren SC-Fans unter uns: besagter Spieler trug die Nummer 18. Und wer trägt die heute? Na? Richtig! Also Nils, mach’s nochmal wie bei deinem Einstand gegen Frankfurt und schenk ihnen gleich mal 3 ein!

Jetzt mal Spaß bei Seite. Nürnberg als ersten Gegner zu haben ist keine sonderlich dankbare Aufgabe. Aber ein Vorteil könnte darin liegen, dass Nürnberg eine Saison zum Vergessen hinter sich hat (wir erinnern uns an das Spiel in Karlsruhe, als die FCN-Anhänger die Trikots der Spieler gefordert haben, da sie es „nicht wert“ seien, dieses zu tragen). Sie müssen sich also auch erst wieder finden. So können wir nach einer guten Saisonvorbereitung auf einen „lucky punch“ hoffen und direkt an die erfolgreichen Erstliga-Duelle anknüpfen.

Meine Prognose (okay, ich gebe zu: Wunschdenken): nachdem uns Nils zu den ersten drei Punkten geballert hat, haben wir nach den ersten fünf Spielen (weitere Gegner sind 1860, Bochum, Düsseldorf und Sandhausen) mindestens 8 Punkte und verbreiten in der 2. Liga Angst und Schrecken.
(Verena)

„Nils hat JA gesagt“

Sonntag, 28.06.2015, Möslestadion. Testspiel SCF vs FFC – anlässlich der Feierlichkeiten zum Jubiläum der Freiburger Fussballschule (dem 11 jährigen - geht wohl auch nur im Fussball) über 4000 Besucher, starke Kulisse.

Das Wichtigste zuerst: 16:43 Uhr...Halbzeit...2:0 für den SC, dank einer durchaus engagierten ersten halbe Stunde. Wiederum sind es Grifo und Philipp, die einen guten Eindruck machen. Aber zurück zum Wesentlichen: 16:43 Uhr, Jochen Saier tritt ans Mikro, viel versteh ich nicht, nur: „Nils....hat heute unterschrieben, Nils hat JA gesagt!“
Nils Petersen - Quelle:scfreiburg.com
Jubel brandet auf, als hätte der SC das Tor zum Klassenerhalt geschossen. Nils hat JA gesagt, geile Sache, geiler Typ.

Das Spiel in Halbzeit Zwei wird zur Nebensache. Schade eigentlich, sind doch bis auf Schleusener ausschließlich Fussballschüler auf dem Rasen. Einer davon schießt dann auch das einzige Tor der zweiten Hälfte...allerdings ins eigene Netz.
Ironischerweise trägt der junge Mann, der auf den Namen Lukas Bohro hört auch noch die Nummer 2...da kommen sie wieder, die Gedanken an Hannover, Gästeblock...Pavel verabschiedet sich mit einem Eigentor zum 0:2...Abstieg. Das 1:2 kam zu spät, Nils kam zu spät...
Nils. Nils hat unterschrieben, beim Zweitligisten SCF. Hätte ich noch in Kehl am Donnerstag nicht für möglich gehalten (und hab das auch jedem erzählt, der es hören wollte – und auch, falls nicht); und doch ist es eingetroffen.

Der direkte Wiederaufstieg ist noch weit weg und auch durch Nils keineswegs garantiert – er ist aber sicherlich nicht unmöglich...und wenn wir schon unmögliche Dinge wahr machen können, dann sollten mögliche doch eigentlich machbar sein.

Ab dem 24. Juli gilt es – dann wieder im Dreisamstadion, Pflichtspiel(e), heißt: mir egal ob „de Johnny“ zu Besuch kommt, oder „de Jogi“ da ist; ich will meine Ruhe haben und mich aufs Fussball schauen konzentrieren; notfalls muss ich auch mal laut werden:

„Links ist alles auf, sieht das denn keiner??? Maaaaann....aha, geht doch: sehr gut Vladi.....und jetzt Milli...zweiter Pfosten...NIIILS...NIIIIIIIIIIIIIILS....JAAAAAA“
(Tobi)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen