Montag, 24. August 2015

4. Spieltag - Mit Fortuna im Bunde



4. Spieltag, Saison 2015/16 – Samstag, 22.08.2015
Fortuna Düsseldorf – SC Freiburg           1:2 (1:2)

Schwolow – Frantz (85. Schuster), Höhn, Föhrenbach, Günter – Abrashi, Höfler – Hufnagel (70. Möller Daehli), Grifo – Philipp (81. Kempf), Guédé

0:1 Grifo (33.), 1:1 Bolly (37.), 1:2 Höfler (39.)

Besondere Vorkommnisse: Schwolow hält Foulelfmeter (59.)
Gelbe Karten:
Höfler (11.), Föhrenbach (58.), Guédé (81.), Abrashi (89.)
Schiedsrichter:
Harm Osmers
Zuschauer:
27.233

Drei Bierduschen, ein Kopfbahnhof

Nun also Düsseldorf!

An die neuen Anstoßzeiten muss ich mich erst noch gewöhnen. Selbst bei einer relativ kurzen Distanz zwischen Bonn und Düsseldorf beginnt die Hinreise schon um 10:00 Uhr. So ist immerhin beinahe der gesamte Samstag verplant, Liga Zwei sei Dank!

Äußerst spektakulär bereits die Hinfahrt – schnell wird deutlich: Es ist wieder Fußball angesagt. Kölner, Schalker, Düsseldorfer, Freiburger und Aachener in einem Zug. NRW ist wirklich ein äußerst dicht besiedeltes Bundesland. Mit meiner Begleitung scnorweger werden ob der dünnen Personaldecke schon wilde Aufstellungsvermutungen durchdiskutiert: Guédé als rechter Verteidiger? Möller Daehli von Anfang an? Traut es sich Streich zu, etwas mutiger spielen zu lassen? Fragen über Fragen – die Stimmung ist dennoch verhalten optimistisch, auch wenn der angebotene Wodka der Aachener Karlsbande dankend abgelehnt wird.

Zum ersten Mal in Düsseldorf im Stadion bin ich doch relativ beeindruckt: Großer, imponierender Tempel mit eigenem Kopfbahnhof. Die WM 2006 hat es gut mit Düsseldorf gemeint. Das Stadion ist fast zu schön für die Zweite Liga. Leider wird sich daran wohl so schnell nichts ändern.


Karim Guédé. Ein etwas anderer Fußballgott
Doch schon an der Bier- bzw. Pommesbude der erste Schock: Petersen nicht in der Startelf, nur auf der Bank. Folgen der Verletzung. Guédé nun also als zentraler Mittelstürmer. Frantz auf der Position des rechten Verteidigers! Ob das alles gut gehen kann? Aber Karim bestraft uns schon beim Aufwärmen Lügen. Klandt und Schwolow knallt er die Bälle beim Warmschießen nur so um die Ohren. Eiskalt versenkt er die Schüsse aus 20 Metern – einen nach dem anderen. Szenenapplaus schon vor dem Spiel. Karim kann das.

Der Anpfiff zieht sich. Schweigeminute für Mayer-Vorfelder. Diskutabel, ob das wirklich sein muss. Mit dem Spielbeginn wächst auch die Nervosität. Ein zähes Ringen wie drei Wochen zuvor in München wird erwartet. Doch das Spiel entwickelt sich unerwartet mitreißend. Es fühlt sich gut an im Gästeblock, die wild zusammengewürfelte Mannschaft macht das ordentlich. Grifo überlegt mit dem 1:0 – das sieht doch gut aus. Für mich das erste herausgespielte Tor seit beinahe zwei Jahren, das ich live sehe.

Hoffnung keimt auf beim ersten Eckball in Minute 35. Vielleicht kann der SC ja doch einmal einen verwerten. Was dann folgt, ließ auch im Stadion die Stimmung senken. Katastrophenfehlpass, Abrashi traut sich nicht, taktisch zu foulen. Ausgleich. Die kleine Euphorie wieder am Boden. Ich habe schon viel gesehen, aber das. „Zweite Liga, tut so weh – scheiß egal, Freiburg olé!“
Mitten in die einsetzende Tristesse zwei Torschüsse. Erst von Grifo, stark gehalten. Wenige Sekunden später von Höfler. Traumtor. Die Rufe nach einem „Auswärtssieg“, die so abrupt verstummten, keimen wieder auf. Wie sehr wünsche ich mir als SC-Fan mal ein ruhiges, souveränes Spiel? Die eine Halbzeit fühlt sich schon wieder an, als hätte ich vier dergleichen erlebt.
Im Forum werden zur Pause Möller Daehli und Petersen gefordert. Im Stadion wird schnell klar, dass vorerst keiner der beiden kommen wird. Gelingt es der Mannschaft jetzt die Konzentration zu bewahren?

Nein, das wird schnell klar. Düsseldorf rennt an, der SC kann sich kaum einmal befreien. Die Situationen wiederholen sich immer aufs Neue: Angriff SC, schneller Ballverlust, der Gegenzug rollt. Minute um Minute. Der Elfmeter nur folgerichtig. „Alex Schwolow, Alex Schwolow“, wird angestimmt, der Ball souverän gehalten. Die dritte Biederdusche des Tages. Doch Düsseldorf rennt weiter an, die Defensive wankt. Latte. Latte. Der Ball von Ya Konan wäre bis nach Köln geflogen, trifft aber nur das Quergebälk.

Seltsamerweise fällt der Fortuna danach nicht mehr viel ein. Die Minuten verrinnen. Kempf kommt. Heute muss sein „Siegesfluch“ doch einmal beendet sein. Und tatsächlich – mit Kempf kommt noch ein bisschen mehr Stabilität hinein. Die Zeit vertrieb man sich gedanklich damit, die Positionsverschiebungen zu zählen. Abrashi nun rechter Verteidiger. Günter im linken Mittelfeld. Zwei Minuten später taucht Föhrenbach auf dieser Position auf. Der SC als Meister der Improvisation.

Nachspielzeit: Durch die Gesänge im SC-Block versteht keiner die Länge, auf der Videotafel wird auch nichts angezeigt. Maximal drei Minuten können das doch nur sein. Guédé taucht vor Rensing auf. Daneben. Möller Daehli taucht vor Rensing auf. Gehalten. Lang kann es doch nicht mehr gehen. Der Zorn auf Schiri Osmers steigt ein wenig. Er weiß doch auch genau, wie es dem SC letzte Saison erging. Das Gefühl für Zeit verschwindet in diesen Minuten. Bellinghausen flankt noch einmal in den Strafraum. Wieder hält Schwolow. Das muss es doch dann endlich gewesen sein. Auch den Pfiff hört man im Block nicht richtig, aber die Reaktion der Spieler zeigt es doch eindeutig: Auswärtssieg.
Verdient ist das nicht, aber das ist in dem Moment auch wieder egal. Gefeiert wird die Mannschaft dennoch. Und zwar zu Recht. Noch auf dem Weg in die Kabine erhält Karim Guédé Sprechchöre. Meter und Meter ist er wieder gelaufen, gekämpft hat er bis zum Umfallen. Geklappt hat natürlich wieder einmal nicht alles, aber er war dem Tor am Ende sehr nah.

Das ist also die Zweite Liga, von der immer gesprochen wird. Einen Unterschied an Leidenschaft und Mitfiebern verspüre ich nicht. Den 2000 anderen Freiburgern um mich herum geht es wohl ähnlich. Schnell auf dem Weg dorthin, wo der SC nach der Aussage eines Fortuna-Fans hingehört: in die Bundesliga.
(Nino, 24, Bonn)

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